Von September 1992 bis September 93 studierte ich in Japan textile Techniken, in Ichihara, im Norden von Kyoto, in der Kawashima Textile School. Sept. 1992 til Sept. 1993 I studied textile techniques in Japan, in Ichihara north of Kyoto at the Kawashima Textile School.
Praktische Arbeit und theoretisches Studium von traditionell japanischen Webtechniken, außerdem shibori, sashiko, shishu (Mustertechniken durch Färben und Nähen) und historische Gewandformen Japans und Kimono nähen. Practical work and scietific study of traditional Japanese weaving techniques, from plain weave kimono-fabric (kijaku) to Jacquard-weaving (kinran, ginran, nishiki, beside shibori, sashiko, shishu the historical shapes of Japanese kimono.
Begonnen habe ich mit kijaku, das ist die Weberei der Kimono-Stoffe. Erst mal in Baumwolle, aber schon ein dünner Faden. I started with kijaku weaving of traditional Japanese kimono fabric, just with cotton, but with thin threads.
Hier hasple ich die Fäden zum Färben. Here I’m reeling the thread for dyeing.
Nach dem Färben das Ablängen der Kette. After dyeing the measuring of the warp threads.
Den ersten Stoff webte ich mit einem einfachen Karo in drei Farben. The first fabric I wove was plain with chequer in three colors.
Aber danach wird es richtig spannend. Der zweite Stoff war ein e-gasuri – ein Bild-Ikat. But afterward it was getting exciting, I started an e-gasuri (picture Ikat).
Man braucht dazu einen sog. tane-ito. Ein Faden, der das geplante Muster trägt und nach dem die Fadenbündel für den späteren Stoff vor dem Färben abgebunden werden. For this one needs a so called tane-ito, a thread with the measurements of the planned pattern for calculating the parts of the thread bundle to be bound prior dyeing.
Hier die Bündel mit abgebundenen Fäden. Here one can see the bundle with bound threads prior dyeing.
Beim Färben muss man relativ vorsichtig vorgehen, damit die Abbindungen nicht aufgehen und Farbe das Muster verändert. Gefärbt haben wir übrigens alles. Alle Fäden, die wir verweben wollten, färbten wir auch selbst. Witzigerweise mit Chemie-Farben aus Deutschland. Der Lehrer sprach zwar ziemlich heftigen Kyoto-Dialekt, dass auch die japanischen Mitschüler Probleme hatten ihn zu verstehen. Aber die Aufschriften und Beipackzettel der Farben waren auf Deutsch und so hatte ich wenigsten einen kleinen Vorteil. While dyeing one must be careful, not to open up the bindings, which would distroy the pattern. By the way, we dyed every thread we wove while I studied in Kawashima. Funnily enough with chemical dyes from Germany. The teacher spoke a heavy Kyoto idion, even my Japanese collegues had problems to understand him. But all superscripts and instructions leaflets where in German and so I benefited from my mother languague.
Nach dem Abbinden und Färben hat man dann Fadenbündel mit dem Muster in hell auf dunklem Grund. After binding and dyeing one has a bundle of thread with the pattern in light on a dark ground.
Die Fäden müssen noch in die richtige Richtung gehaspelt und aufgewickelt werden, damit das Muster dann auch richtig rum in dem Stoff auftaucht. Now one has to reel the thread in the right direction to get the pattern right.
Dann kann es losgehen. Dann wird gewebt. Und wenn alles stimmt, dann kommt das geplante Muster raus. Bei mir hat es geklappt, es sind Pflaumenblütenknospen auf violettem Grund. Sollte zusammen mit dem karierten Stoff einen kosode in han–gawari ergeben, also einen Kimono in mi-partie mit den beiden Hälften in unterschiedlichem Muster. After that one can start. If everything was made right, the planned pattern evolves. Mine was a plum bud on purple ground. Should make together with the chequerboard fabric a kosode in han-gawari fashion with different patterns on both sides of the garment.
Übrigens sieht man auf dem Foto auch einen japanischen Breithalter, shinshi genannt. Das Gerät ist aus Bambus. Ich habs mal gezeichnet, damit man sich eine Vorstellung davon machen kann. Sieht in Europa ähnlich aus, nur nicht so schön aus Bambus. In this photo one can see the stretcher for keeping the weft direction taut. It is made of bamboo. I made a drawing for giving an idea. Western stretchers look not very much different, but are not as beautiful.
Als nächstes durfte ich nun Seide verarbeiten. Wertvoller und auch ein wenig anspruchsvoller als Baumwolle. Und damit es auch noch weiter geht im Lernstoff, machte ich hier gleich einen Kett-Ikat (tate–gasuri). Next was weaving silk, a bit more valuable and a bit more pretentious. And for adding a bit more of learning, I made a warp ikat (tate-gasuri).
Hier ein Blick auf die Kette, während wir sie in den Webstuhl einziehen. Das war immer die Team-Arbeit. Dazu braucht man zwei, drei Helfer um die Spannung gleichmäßig zu halten. Here one can see the warp as beeing wound into the loom. This was team work, one needs two or three helpers keeping the tension even.
Eine Arbeit, die auch ziemlich Zeit in Anspruch nahm, war das Einfädeln der Kette in das Blatt (Riet). Die Webblätter in Japan sind aus fein geschnittenem Bambus. Das Geräusch des Anschlagens ist ganz anders, wenn das Blatt nicht aus Metall ist. A tendious work, on which I had to spend much time, was the threading of the weaving comb. In Japan this is made of thin slices of bamboo and sounds very different from metallic Western one, except the ones made of reeds.
Den gewebten Stoff habe ich später noch bestickt, mit einer Technik, die aus dem 16. Jh. stammt und watashi-nui genannt wird. Leider ist mir der Stoff später abhanden gekomme und so gibt es nur noch dieses Foto. Later one I have embroiderd the woven fabric, but it got lost somehow. The embroidery technique from the 16th c is called watashi-nui with long floating threads and over stitching.
Zwischen all dem Weben gab es auch noch Zeiten, in denen ich mich mit anderen textilen Techniken beschäftigte. Wichtig war vor allem shibori. Hier sieht man meine ersten Versuche mit bôshi–shibori. Between all the weaving I took time to learn other techniques likes shibori. Here one can see my first experiments with the so called bôshi-shibori, where parts of the fabric are capped prior dyeing.
Dazu werden Partien des Stoffes in kleine Plastikhauben eingebunden, damit sie beim Färben frei bleiben. Diese Technik ist vor allem auch wichtig für Tsujigahana. Small parts of the fabric are bound tightly with Nylon-skin, to keep them from the dye. This technique is characteristic for Tsujigahana.
Zum Tsujigahana gehören noch die Stickerei, die ich oben vorgestellt habe, watashi-nui und eine Form der Tuschmalerei (hakubyo-e). Die besonders feinen Linien und Schattierungen werden in die gefärbten bzw. reservierten Stellen des Musters eingefügt. To this dyed patterns embroidery and very fine ink painting is added. The lines and shadings are fit into the dyed patterns.
Zusätzlich hat man dann noch mit Blattgold Muster aufgebracht (kinpakku). Die kann man hier zwischen der Tuschmalerei ausmachen. Furthermore patterns with gold leaf (kinpakku) are added, which can be seen here between the ink painting.
Beim Weben nahm ich als nächstes die Drehergewebe in Angriff. Die einfachste Form ist sha. Hierbei dreht ein benachbartes Kettfadenpaar miteinander. Eine halbe Drehung und beim nächsten Schuss wieder zurück. In my weaving next was gauze or leno-weave. The plain form of this is called sha. After a half twist of two warp thread a weft is inserted and than they twist back, before another weft is inset.
Die nächste Herausforderung ist ro. Hierbei werden zwischen den gedrehten Reihen, leinwandbindige Schüsse eingebracht. Dies ist übrigens auch meist die Bindung der Sommerkimono. Und es gibt das Ganze auch gemustert, wobei gedrehte und ungedrehte Partien miteinander wechseln. Next was ro, another leno weave with plain weave shots between the twisted rows. This type of weave is mostly used for sheer summer kimono. With a Jacquard-loom twisted an plain parts can be controlled to make komplex patterns.
Komplizierter wird es schon bei mojiri. Hierbei drehen ein Kettfadenpaar, aber immer weiter. Diese Technik benutzt man für die feinen Bambusvorhänge (sudare). Dazu kann man kein Blatt im Webstuhl brauchen, es würde ja mit eingewebt. Sha und ro hab ich selbst gewebt, mojiri nicht. Aber ein Lehrer, Konishi-sensei, hat ein solches Gewebe erzeugt. This drawing shows mojiri leno weave. Here a pair of warp threads is continously twistet. This technique is used for bamboo blinds (sudare). I wove sha and ro myself, but not mojiri. But my teacher, Konishi-sensei, was experimenting with this weave.
Das komplexeste Drehergewebe stellt allerdings ra dar. Hierbei drehen benachbarte Kettfadenpaare und wechseln bei der nächsten Reihe die Partner. Es entsteht fast so eine Art Netz oder Spitze. Most complex is ra leno weave. Here neighboring pairs of waprs twist with their other neighbors in the next shot. The result looks more like a net.
Und man kann dabei auch Muster machen. But it is possible to weave this with a pattern.
Für das Weben von ra, wie auch von sha und ro, braucht man zusätzliche Schaftsysteme, die das Übereinanderdrehen der Kettfäden ermöglicht. Das haben wir in Kawashima natürlich auch selbst hergestellt. Dazu braucht man eine Menge Fäden in gleicher Länge, die dann auf exakt gleiche Art mit exakt gleichem Knoten auf die exakt gleiche Länge als Dreherschaft geknotet werden müssen. Für jeden Kettfaden einen Schaftfaden. For weaving sha, ro and ra one needs special, seperate shafts, which we made ourselfs in Kawashima. Therefore a lot of threads in the same lenghts must be knoted.
Hier ein Blick in die Kette mit den Dreherschäften. Here a look into the warp with open shed with the leno shafts.
Weil die beiden Schaftsysteme sich gegenseitig behindern, entsteht nur ein sehr kleines Fach, das man mit einem Webschwert soweit aufdrückt, dass man den Schuss einlegen kann. Mit dem Webschwert drückt man dann auch den Schuss fest. Es gibt ja kein Blatt. Die Arbeit ist recht kraftraubend, vor allem das feste Anschlagen des Schusses. Ich bin im Laufe des Tages meterweit mit meinem schweren Webstuhl nach hinten gewandert und musste dann Kollegen bitten, ihn mit mir zusammen wieder vor zu schieben. Because the two shaft-systems are hindering each other, only a very small shed in the warp is acchived, in which the wooden weaving sword is inserted and erected to put in the heddle. With the sword the weft is beaten, too. Because there is no reed. The weaving is quite tedious. With my heavy loom I wandered meters backword while weaving and I had to ask others to help me to shove it back.
Den Abschluss meiner Zeit bei Kawashima bildete der Jacquardwebstuhl. Die mechanische Vorrichtung, hier eine Zeichung, ermöglicht das Weben von komplex gemusterten Stoffen. The end of my time at Kawashima made the Jacquard-loom. This mechanic devise (below a drawing) enables the weaving of komplex patternd fabrics by one person.
Und gleichzeitig ersetzt sie den Ziehjungen im Zampelwebstuhl. Auf japanisch übrigens sora-biki-bata – Himmelzugwebstuhl. At the same time it replaced the draw boy in the draw loom. In Japanese it is called sora-biki-bata – sky-draw-loom.
In Kawashima holte man mir die Vorrichtung herunter, ich musste sie auseinanderbauen, reinigen, ölen und wieder zusammenbauen. Dadurch hatte ich eine Vorstellung davon, wie das Ding überhaupt funktioniert. In Kawashima they brought down the system for me. I had to take it apart, clean it, oil it and reconstruct it. But from this I got a good idea how it works.
Der Jacquard-Webstuhl ist ein Monster von ca. drei Metern Höhe. Ganz oben sitzt das System, das die Muster steuert. Damit die bei den Kettfäden ankommen sind eine Menge aneinander geknoteter Fäden notwendig, die dann durch das Chorbrett geleitet werden. Die Knoten müssen natürlich wieder alle gleich und alle Fäden gleich lang sein, sonst öffnet sich kein ordentliches Fach. Für jeden dieser Schritte hatte ich eigene Lehrer, die von auswärts kamen, weil kaum jemand an Kawashima noch Jacquard studiert. The Jacquard-loom is a monster of about three meter hight. On top the name-giving system controlling the woven pattern. A lot of knot together threads are neccessary to make this work. All knots must be the same and all threads must be of the same length. For each of this operations I had a different teacher from outside Kawashima. Nearly nobody was learning Jacquard at Kawashima.
Das erste Gewebe war eine Art Doppelgewebe mit einer kasuri-Kette und einer gestreiften. Wieder Pflaumenblüten, diesmal kleiner und dichter. Man kann auch auf dem kleinen Stück erkennen, dass die Farbe der Pflaumenblüten langsam wechselt, das kommt von der Ikat-Kette. The first weaving was a type of double weaving with one kasuri-warp and a second warp with stripes. Once again plum flowers, this time smaller and denser. One can see in this small part how the colors for the flowers change from the kasuri (Ikat) warp.
Beim Weben kommen zwei verschiedene Schussfäden zum Einsatz, deshalb auch zwei Schiffchen. In weaving two different weft threads are used, therefore two shuttles.
Dann wollte ich die Farben wechseln. Dazu haben wir die Kettfäden von Hand angeknotet. Since I wanted to change color and type of threads, but wanted to keep the pattern, I decided to knot all warp threads.
Die nächste Herausforderung war das Weben von ginran/kinran. Bei diesem Seidengwebe werden feine Streifen versilberten oder vergoldeten Papiers eingewebt. The next callenge was the weaving of ginran/kinran. This silk weave has woven in very fine stripes of paper covered with silver or gold leaf.
Auch das Papier haben wir selber versilbert. Als erstes wurde es auf einem Brett festgeklebt und mit einem Haftkleber eingestrichen, in den das Silber eingelegt wurde. Even the paper we have silvered ourself. At first the paper was glued to a wooden board and coverd with adhesive, in which the silver leaf was layed in.
Hier sieht man, wie die einzelnen Blätter nebeneinander liegen. Here one can see how the silver leaves are laid out onto the sticky surface of the paper.
Zum Schluss wird das Ganze angedrückt und poliert. Then the whole is pressed an polished.
Dann in winzig feine Streifen, von ca. 1/2 mm Breite geschnitten und eingewebt. Then the paper is cut into very fine stripes of half a Milimeter width and woven in flat one by one.
Man kann das Papier auch bemalen, bevor es geschnitten wird, dann entsteht ein zusätzliches Bild beim Weben. Hier sieht man den orangen Streifen auf der Seite, der es einfacher macht, die Streifen mustergerecht anzulegen. The paper can be painted with a picture prior cutting and weaving, too. Here one can see the orange stripe an the right side, which makes is easier to align the stripes acording to the pattern.
Mein Jahr bei Kawashima war eine unglaubliche Erfahrung. Die Zeit in Japan hat mich und meine Arbeit stark geprägt. Die Disziplin, die Liebe zum Detail, die Entschlossenheit mit der man dort arbeitet ist bis heute ein Quelle der Inspiration für mich. My year in Kawashima was an extraordinary experience. The time in Japan coined my and my work. The disciplin, the love for the detail, the determination with which work is done in Japan, are and will be in future a source of inspiration for me.
Meinen Lehrern, Mitschülern und allen Menschen die ich dort getroffen habe, danke ich von ganzem Herzen für diese Möglichkeit. My teachers, colleagues and all persons I had the pleasure to meet, I want to thank from my whole heart for all the possibilities they gave me.
Ein lustiges Bild zum Schluss. Ich besuchte auch die Ôhara Kimono Nähschule. Dort wollte man mir das japanische Nähen beibringen, aber das hatte ich mir schon in Deutschland recht gut angeeignet. Die Mädchen hat es umgehauen, dass ein deutscher Mann eine solche rein japanische und fast nur von Frauen ausgübte Technik konnte. A funny picture at the end. I visited the Ôhara Kimono sewing school. There they wanted to teach me the Japanese technique of sewing, which I allready had mastered in Germany. The girls and teachers where blown away to see a German man using such a traditional Japanese technique, which is even normaly mostly used by women.