living and life – Aizu Mishima 2004

Gewohnt habe ich in Aizu-Mishima in dem alten Kindergarten Jidôkan. Der wird nicht mehr gebraucht. In dem Dorf gibt es fast keine Kinder mehr. Schon gar nicht in dem Teil des Dorfes, der oben auf dem Berg liegt. Dort leben nur noch alte Menschen. Kaum einer ist jünger als 50.

Im Jidôkan hatte ich viel Platz und konnte gut arbeiten. Die sanitären Anlagen waren für Kinder zugeschnitten, also winzig und warmes Wasser gab es auch nicht. Aber es war einfach nur schön. Die Umgebung, das Haus mit Zimmern mit Tatami-Matten und Schiebetüren.

Die Familie, die sich um mich kümmerte, heißt Hanzawa. Sie haben drei Kinder: die älteste Tochter Lina, den mittleren Sohn Tamaki und das Nesthäkchen, das wir nur A-chan genannt haben (also kleines A). Masato, der Vater der Familie ist, wie ich, 1965 geboren. Das war ein Punkt, der uns stark verbunden hat. In Japan ist man dann Jahres-Geschwister. Jedenfalls gab es ein großes Gewese darum.         Hier bin ich mit Masato zusammen zu sehen:

Mit Miyuki, der Mutter hab ich Papier gemacht.  Sehr nette und unkomplizierte Frau, die ein ziemliches Pensum an Arbeit erledigt. Sie geht arbeiten, neben dem Haushalt.

Die Umgebung von Aizu-Mishima ist wunderschön. Die Berge sind bewachsen mit Kiri- und Sugi-Bäumen. Und da wir Winter hatten, gab es morgens wunderschöne Nebel.

Es gab auch eine Frau, die sehr gut englisch sprach. Norie Igarashi. Sie war auch schon im Ausland. Hat in Indien gelebt. Wir hatten natürlich viel, über das wir reden konnten. Sie hat mir auch die Fabrik gezeigt, in der aus dem Holz der Paulownia-Bäume (kiri) Schubladenschränke (kiridansu) hergestellt werde. Das ist wohl besonders wiederstandsfähig und hält Insekten ab. Also lagert man darin auch die Kunst und die Kimono.

Der Zen-Tempel wird von der Familie Endo geführt. Es gibt die Mutter Endo, eine ältere Dame, die auch Bücher schreibt. Den Sohn, der eigentlich Priester des Tempels ist, aber in Tokyo als Englisch-Lehrer arbeitet und die Tochter, die im Dorf einen Verlag führt.

Der Sohn war zu Besuch, er ist für die Beerdigungen zuständig, aber er wollte mich lieber nicht treffen. Das kam mir komisch vor. Aber es ging um das Englisch. Er wollte nicht sein Gesicht verlieren, weil sein Englisch nicht gut genug ist, wenn er mit mir spricht. Das ist halt japanisch.

Um den Tempel rum gab es eine ganze Gruppe von Figuren der Kanon (Avlokiteshvera), Bodhisattva des Mitleids. Die sind wohl in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von einer jungen Frau dort hergestellt worden.

Im Bad waren wir oft. Dort gibt es überall heiße Quellen. Hier sind wir in einem Bad, das aus Felssteinen so gebaut ist, dass man an eine natürliche Quelle denkt, heißt auf japanisch Onsen. Da wir meist erst am Abend ins Bad konnten, ist es dunkel. Das war toll.

Kaki werden geschält und zum Trocknen aufgehängt. Hier ist ein ganzes Gestell voll, in einem Zimmer, das kaum noch voller werden konnte, kriegte man aber auch unter.

Im Dorf hatte sich dann rumgesprochen, dass ich kesa nähen kann. Die Tochter des Zen-Tempels hat dann einen Workshop mit ein paar Frauen zusammengetrommelt, und ich habe das unterrichtet.

Überall in Japan stößt man auf Figuren des Jizo, auch ein Bodhisattva des Mitleids, aber vor allem für die Kinder und die totgeborenen Kinder zuständig. Dem zieht man Kleidung an, die er an die Kinder weitergeben kann. Deshalb tragen diese beiden hier so hübsche Strickwesten.

In dem Dorf lebt auch ein Nô-Masken-Schnitzer. Klar, dass ich den besucht habe.

Er war gerade dabei, eine fertige Okina-Maske einzupacken und hat sie mir gezeigt.