Der Goldene Faden – Textilien aus China, Japan und Korea

Ausstellung im Museum für Ostasiatische Kunst, Köln

Textilien aus China, Korea, Japan aus dem Bestand des Museums

8. November 2003 bis 31. März 2004

Staatsrobe einer Prinzessin oder Konkubine im 5. Hofrang

Staatsrobe einer Prinzessin oder Konkubine im 5. Hofrang

 

 

Beitrag im Kölner Stadtanzeiger:

Kranich und Fliegenschnäpper

Erstellt 03.09.2003

Das Kölner Museum für Ostasiatische Kunst entdeckt seine Textilien-Sammlung: Erstmals liegt ein Bestandskatalog vor, der einen Überblick über mehr als 400 Objekte ermöglicht. Eine Ausstellung folgt.

„Textilien aus Ostasien sind im Kommen“ – daran hegt Adele Schlombs, Direktorin des Museums für Ostasiatische Kunst in Köln, keinen Zweifel. Selbstverständlich meint sie damit nicht modische Massenware aus Schanghai, Tokio oder Seoul, sondern kunstvolle Webarbeiten aus den alten Reichen in China, Japan und Korea. Einer Exkursion ins eigene Depot ist es nun zu verdanken, dass das Kölner Haus der Welt mitteilen kann, was es selbst in diesem Bereich zu bieten hat.

Erst durch einen Zufall sei es möglich geworden, sagt Schlombs, den Bestand zu sichten und nun erstmals in einem Katalog zu veröffentlichen. Der Zufall hat einen Namen: Walter Brix – der Textil-Experte nämlich bot seine Dienste dem Haus am Aachener Weiher an. Die Basis seiner Kenntnisse hat er vor zehn Jahren in Tokio gelegt, als er an der „Kawashima Textile School“ historische Weberei, Färberei, Stickerei und Kostümkunde studiert hat. Mit diesem Wissen tauchte er eines Tages im Depot des Kölner Museums auf und machte mit folgendem Hinweis auf sich aufmerksam: „Oh, Sie haben hier ja einen Hongnip!“ Dabei handelt es sich um einen koreanischen Hut für einen Adligen, gefertigt aus Bambusstreifen und Pferdehaar, was nun auch nicht jeder weiß – und so ward der Fachmann zur Rede gestellt.

Das Ergebnis seiner Kölner Forschung liegt nun in Buchform vor und wird im November in einer Ausstellung zu sehen sein. Buch und Schau tragen den Titel „Der goldene Faden“. Gemeint ist damit der „Lahnfaden“, der sich durch viele Objekte zieht – ein mit Blattgold umwickelter Papierstreifen, welcher sich selbst wiederum um einen Faden dreht. Wer ihn mit bloßem Augen nicht erkennt, kann sich den Makro-Aufnahmen zuwenden, die beinahe Röntgenbildern gleichen und im Katalog zu finden sind. Eine Ausstellung in eigener Sache also soll es im November werden. Adele Schlombs macht diese Rechnung auf: „Wir arbeiten – unter den finanziell schwierigen Bedingungen, wie sie nun einmal gegeben sind – lieber an der Substanz des Hauses, als dass wir viel Geld für eine womöglich nur mittelprächtige Ausstellung ausgeben, die wir uns hierher einladen.“

Lotosschuh aus bestickter Seide

„Die ganze Zeit über“, räumt die Direktorin ein, „war uns nicht recht bekannt, wie viele und welch kostbare Textilien wir besitzen.“ Jetzt kenne man den kompletten Bestand, der über 400 Objekte umfasst, und „alle Beteiligten sind sehr glücklich“. Bei den Recherchen seien auch Objekte gefunden worden, die bereits als „Kriegsverluste“ abgehakt worden waren. Dazu zählen japanische Seidenstoffe, in die Blattgold eingewebt worden war.

Die späte Entdeckung des Bestandes erstaunt nicht wenig. Doch sei es ganz einfach so, meint die Direktorin: „Früher hat man sich um diesen Bereich nicht so sehr gekümmert.“ Schlombs vermutet, dass dies vor allem damit zusammenhängt, dass Textilien als eine weibliche Domäne betrachtet und als solche gering geschätzt worden sind. Brix nennt als weiteren Grund, dass Textilien lange Zeit als reine Dekorationsstoffe angesehen wurden, nicht aber als Kunst. Die se Ignoranz ist selbstverständlich nichts als ungehörig. Schließlich lassen sich gerade anhand der Kleidung viele kulturhistorische Entwicklungen festmachen, ästhetische wie soziale. Getreu dem vertrauten Motto, wonach Kleider Leute machen, ist das, was der Mensch am Leibe trägt, ein Spiegel seiner Zeit. Und dies nicht nur am Hof des Kaisers, wo es fein gestaffelte Rangabzeichen an den Roben gab: Ganz oben flog der der Kranich, gefolgt von Goldfasan, Pfau, Wildgans, Silberfasan, Reiher, Mandarinente, Wachtel und – am Ende – vom Paradies-Fliegenschnäpper. Selbst das buddhistische Armutsideal, schreibt Schlombs im Vorwort zum Katalog, bedeute nicht, „dass man keinen Sinn für kostbare Textilien entwickelt hätte.“

Es ist dies der erste Bestandskatalog für ostasiatische Textilien, der in Europa erscheint. Er macht bekannt mit Raritäten wie den zwei gestickten Rollbildern aus dem Japan der Muromachi-Zeit (1333-1573), für die neben farbiger Seide auch Menschenhaar verwendet wurde. Und er zeigt die Fülle der textilen Variationen: die Staatsrobe wie die Sommerrobe, das ärmellose Überkleid und das wattierte Untergewand, den Wickelrock oder das Mönchsgewand, das Stirnband wie das Haarband, das Tuch zum Einschlagen von Büchern und das Fragment eines Polsterbezugs. Brix schwärmt auch von einem Zwischengewand in roter Seide mit einem feinen Abbindemuster oder einem Banner für den so genannten Kindertag, das mit einer mythischen Heldin geschmückt ist. Und all das ist längst nicht alles, was ein Stoff so alles hergibt.

Die wissenschaftliche Inventur hat überdies bestätigt, dass in Köln Textilien nicht systematisch gesammelt worden sind. Man war (und ist) auf Geschenke angewiesen – und so war es der Zufall, der beim Anwachsen des Bestandes die Regie geführt hat. Vor allem sind es Objekte aus dem 19. Jahrhundert, die aus Ostasien nach Köln gelangt sind, und hier vor allem aus China. Finanziert wurde die Arbeit an dem Bestandskatalog vom Förderverein des Museums. Aus dem eigenen Budget sei dies nicht zu leisten, sagt Schlombs. Ermutigt von der textilen Erfahrung strebt sie nun danach, einen Auswahlkatalog zur Malerei auf den Weg zu bringen. Und wenn jemand käme, der sich auf die Sichtung historischer Fotografien verstünde, wäre dies ein Gespräch wert. Und so wird das Depot zur Schatzkammer.

der-goldene-faden

Walter Brix: „Der goldene Faden“, Bestandskatalog zu den Textilien des Kölner Museums für Ostasiatische Kunst, mit einem Vorwort von Adele Schlombs, Wienand Verlag, 312 Seiten, zahlreiche Abbildungen, 48 Euro.

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